Gedanken zum Monat
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gäste,
das Wort „WÜRDE“ hat im Deutschen zwei Bedeutungen. Allzu oft wird es klein geschrieben und meint „werden“ im Konjunktiv. Wenn ich sage: „ich würde dir ja helfen“, steckt schon darin, dass ich es nicht tun werde und nur nach einer Entschuldigung suche. „Würde“, groß geschrieben, sagen wir selten; es klingt etwas altertümlich. Das offenbart schon, dass unsere Zeit leicht über die Menschenwürde hinweggeht. Moderner klingt das Wort „Wert“, aber dies lässt uns schnell an Zahlen denken, als ob wir den „Wert“ eines Menschen beziffern könnten.
Kürzlich las ich in einem Buch die nüchterne Feststellung: „Wenige Menschen lieben sich selbst.“ Das klingt überraschend, aber ich fürchte, es stimmt: Wie viele sind mit sich nicht zufrieden; sie hadern mit sich und ihrer mangelnden Perfektion, manchmal auch mit vermeintlichen oder wirklichen Fehlern. Selbst ein übersteigertes Selbstbewusstsein, das uns begegnet, kann Fassade sein. Sich selbst lieben würde bedeuten: zu wissen, wer ich bin, wer ich sein darf, und dafür dankbar sein, sich selbst annehmen und mit sich selbst im Frieden sein.
Bei einer Fahrt gingen wir den „Augustinus-Weg“ bei Messelhausen. Der Pilgerweg war eine Eucharistiefeier mit mehreren Stationen. Vor der Heiligen Kommunion lud uns der Pater, der uns führte, ein, das gewohnte Gebet einmal umzuformulieren: „Herr, du machst mich würdig, dass du eingehst unter mein Dach…“ So ist Gott: Er macht uns würdig. Er schenkt uns eine Würde, und er tut dies immer wieder – vom ersten bis zum letzten Augenblick unseres Daseins. Das Bild auf dem Renovabis-Pfarrbriefmantel will dies veranschaulichen: Der Geist Gottes ergreift unsere Herzen. „Voll der Würde“ dürfen wir sein, denn wir sind ganz und gar geliebt, und wir sind selbst fähig zu lieben. Wenn ich mir dies Tag für Tag ins Herz rufe, werde ich anders leben: Ich kann mich annehmen, mit Stärken und Schwächen. Und ich weiß, dass jeder, jede, der/die mir begegnet, ebenfalls diese Würde besitzt. Das Hilfswerk Renovabis will den Blick öffnen für Menschen am Rand in Ländern Osteuropas und mit Projekten vor Ort helfen, Menschen in ihrer Würde zu stärken.
Am 22. Juni feiern wir den Fronleichnamssonntag mit der Heiligen Messe und Prozession, diesmal um 10 Uhr in St. Augustinus. Bitte denken Sie daran, dass an diesem Sonntagvormittag keine Heilige Messe in Heilige Familie stattfindet. Miteinander sind wir auf dem Weg zu Gott; jeden, jede macht Gott würdig, ihn zu empfangen und mit ihm zu gehen.
Gemeinsam mit den Mitarbeitern grüßt Sie
Ihr Pfarrer Dr. Michael Höhle